Der Distelfink

Wisst ihr Kinder, zu den schönsten Geschichten die ich zu erzählen weiss, gehören auch immer Legenden, die von Vögeln berichten. Daher will ich euch vom kleinen Distelfink erzählen...
Als der Herrgott die Vöglein erschuf, gab er Ihnen Beine zum Hüpfen, Flügel zum Fliegen und Schnäbelchen zum Essen, Zwitschern und Singen. Als sie alle fertig waren und um ihn her standen, sagte er sich: „Ei was hab ich doch hier für putzige Gesellen! Sie sollen alle bunte Federn bekommen auf dass sich das Herz der Menschenkinder daran erfreue!“ Und er malte jedem von ihnen ein hübsches Kleid. Da kam die Taube an die Reihe und erhielt einen blauen Hals und rötliche Flugel. Der Kanarienvogel wurde so gelb wie eine Zitrone, und der Zeisig bekam ein grünes Kleid. Alle Vögel wurden prächtig eingefärbt, so wie es sich für jeden schickt.
Zum Schluss blieb nur ein kleines Vögelchen übrig - der Distelfink. Als er endlich an die Reihe kommen sollte, hatte der Herrgott alle Farben verbraucht, und seine Schälchen waren alle leer. Da weinte das arme Vögelchen, dass es nicht auch so ein buntes Federkleid bekommen sollte wie all die anderen.
Der Herrgott aber redete ihm zu und sprach: “Sei ruhig mein kleiner Gesell. Ich habe eine Idee. Es ist in jedem Schälchen noch ein wenig Farbe übrig geblieben; die will ich mit dem Pinsel austupfen und auf deine Federn streichen.“ Gesagt, getan, und so malte er den Distelfink ein wenig rot und ein bisschen blau ein bisschen schwarz und ein wenig grün. Aus allen Schälchen gab’s einen Tupfer, so dass der Distelfink am Ende der bunteste unter allen Vögeln wurde. Mit einem jauchzen und trällern aus seinem kleinem Schnabel hob er sich empor gen Himmel und dankte dem Herrgott mit einem Lied dafür, dass er ihn so schön gemacht hatte.